Facebook setzt auf Algorithmen, um Menschen in Suizidgefahr zu schützen. Erfahrene Regensburger Experten sind skeptisch.
Ein offenes Ohr haben und Hoffnung schenken – darauf kommt es an, wenn ein Mensch sich das Leben nehmen will, sagt Josef Stautner. Der Leiter der Telefonseelsorge Ostbayern hat oft mit Personen zu tun, die nicht mehr weiterwissen und keinen Sinn mehr im Leben sehen. Stautner betreut Menschen, die in Selbstmordgefahr schweben. Er weiß aus beruflicher Erfahrung, dass in solchen Krisengesprächen vor allem die menschliche Aufmerksamkeit zählt: Alarmsignale ernst nehmen und Hinweise offen ansprechen.
Auch Mark Zuckerberg sorgt sich um suizidgefährdete Menschen. Zumindest stellt es der Facebook-Gründer so dar. Zuckerberg teilte Anfang März mit, dass Facebook in der Suizidprävention aktiv wird. Das Netzwerk hat 1,9 Milliarden aktive Nutzer weltweit. 349 Millionen davon leben in Europa, 30 Millionen in Deutschland. Wo sich viele Menschen aufhalten, gibt es auch Schattenseiten und seelisches Leid. Zuckerberg sagt: „Dass unsere Gemeinschaft sicher und unversehrt bleibt, ist ein wichtiger Teil unserer Mission.“
Josef Stautner und Mark Zuckerberg haben, so scheint es, ein gemeinsames Anliegen: Menschen in psychischen Notlagen schützen und ihnen Hilfe bieten. Dennoch trennen die zwei Männer Welten: Stautner vertraut auf das persönliche Gespräch, das sich in vielen Jahren seelsorgerischer Tätigkeit bewehrt hat. Zuckerberg setzt auf technische Hilfsmittel. Sein milliardenschwerer Konzern hat sogenannte Tools eingeführt, um seine Nutzer zu schützen – auch vor sich selbst.
Facebooks technische Hilfsmittel sollen Menschen mit Selbstverletzungs- oder Suizidgedanken Unterstützung bieten. Das Angebot richtet sich auch an besorgte Freunde oder Familienangehörige, die um das Wohl eines lieben Menschen fürchten. Mithilfe der neuen Tools können Nutzer eine Person kontaktieren, wenn sie Beiträge teilt, die auf Suizidgedanken hinweisen. Die Beiträge können auch direkt an das Unternehmen gemeldet werden. „Sie werden dann von einem Team rund um die Uhr geprüft“, teilt ein Facebook-Sprecher auf Nachfrage mit. Mit dem Prüfen allein ist es nicht getan: In Fällen, in denen Unterstützung nötig sei, würden die Betroffenen direkt kontaktiert werden, heißt es.