Die Rechtspopulisten liegen an einigen Orten bei weit über 20 Prozent. Das Bild der Partei bleibt diffus. Viele Wähler stört das nicht.
Leyla Bilge ist vollverschleiert. Ihre schwarze Burka reicht bis zu den Knöcheln, ihre Augen lassen sich durch den schmalen Schlitz im Schleier nur erahnen. Die Deutsch-Türkin macht an diesem Donnerstagabend in Rieden im Landkreis Amberg-Sulzbach Wahlkampf für die AfD. Es ist der 14. September, zehn Tage bis zur Bundestagswahl. Nach der Wahl wird feststehen, dass sich der Auftritt gelohnt hat. Die AfD holte in Rieden stolze 22 Prozent der Zweitstimmen. Damit ist sie zweitstärkste Kraft, deutlich vor der SPD mit rund 15 Prozent.
Die AfD macht Wahlkampf mit einer vollverschleierten Migrantin – für die Rechtspopulisten ist das anscheinend kein Widerspruch. Leyla Bilge ist vor mehr als 30 Jahren mit ihren Eltern wegen der Verfolgung von Kurden aus der Türkei nach Deutschland geflüchtet und hier zum Christentum konvertiert. Nun tourt die 36-Jährige durch die Bundesrepublik und stellt sich als „stolze Deutsche mit kurdischen Wurzeln und AfD-Mitglied“ vor. In Rieden lässt sie dann die Hüllen fallen: erst den Schleier, dann das ganze Gewand. Darunter trägt sie ein hautenges Mini-Kleid in schwarz-rot-gold. Sie will zeigen: Auch als geflüchtete Ex-Muslima kann man zur Muster-Deutschen und Vorzeige-AfD-Frau werden. Die Zuschauer applaudieren begeistert. Rund 70 Gäste sind in den Gasthof „Zur Brücke“ gekommen. Der bizarre Auftritt scheint sie nicht davon abgehalten zu haben, ihre Stimme der AfD zu geben.
Die Wäher hinter sich versammelt
Geht es nach Werner Meier, AfD-Kreisvorsitzender und Vize-Vorsitzender in Bayern, war die Veranstaltung ein „toller Erfolg“. „Sie hat dazu beigetragen, dass wir viele Wähler gewonnen haben“, sagt Meier. Geht es nach Erwin Geitner (CSU), Bürgermeister von Rieden, ist das AfD-Ergebnis „eigentlich katastrophal“. Dennoch räumt er ein, dass die Partei guten Wahlkampf gemacht habe. „Sie hat die Wähler hinter sich versammelt.“ Wirklich beschäftigt mit den AfD-Positionen hätten sich die meisten Wähler in Rieden aber nicht, sagt Geitner.
Rieden ist einer der Orte in der Oberpfalz, in denen die AfD überdurchschnittlich gut abschnitt. Sie erreichte hier knapp zehn Prozent mehr als im bayerischen Durchschnitt (12,4 Prozent der Zweitstimmen) und im Bund (12,6). Für Werner Meier ist der Erfolg leicht erklärbar: Die AfD sei im Wahlkampf sehr präsent gewesen. Bereits im Oktober 2016 sprach Ex-Bundesvorsitzende Frauke Petry in der Riedener Festhalle vor rund 500 interessierten Zuschauern, der AfD-Bezirksverband Oberpfalz schreibt auf seiner Homepage von sogar 600 Gästen. Es gab weitere Info-Veranstaltungen und die Parteimitglieder seien im Ort gut vernetzt, sagt Meier.
Nicht rechts aus Sicht der AfD
„Viele Bürger haben das Bild, dass in der AfD komische Leute sind“, sagt der Kreisvorsitzende. „Wir werden immer als rechts dargestellt.“ Die AfD also nicht rechts? Nein, sagt Werner Meier. Rechts oder links sei eine „sehr grobe Einordnung“, in der er seine Partei nicht wiederfindet. Er beschreibt die AfD als „freiheitlich-konservative Partei“, die Wert darauf lege, dass die Bürger entscheiden und nicht durch den Staat bevormundet werden. Wenn Wähler persönlich in Kontakt mit seiner Partei kämen, werde ihre vermeintlich verzerrte Wahrnehmung zurechtgerückt, sagt Meier. Als Erfolgsfaktoren macht er daher Bürgernähe und das Werben für eine Politik von unten nach oben aus. In Rieden ging die Rechnung auf.
Den vollständigen Text und meinen Kommentar zur AfD gibt es hier.