Die Gemeinden Wörth und Brennberg werden künftig dem Wahlkreis Schwandorf/Cham zugeteilt. Die beiden Kommunen fühlen sich wie „begossene Pudel“.
Nach einem Beschluss aus Berlin werden die Gemeinden Wörth an der Donau und Brennberg zur nächsten Bundestagswahl nicht mehr zum Wahlkreis Regensburg gehören. Diese Entscheidung fiel am Donnerstagabend im Bundestag, der der Änderung des Bundeswahlgesetzes zustimmte. Der Beschluss hat zur Folge, dass mehrere Wahlkreise bundesweit neu zugeschnitten werden. Im Raum Regensburg ist die Verwaltungsgemeinschaft Wörth unmittelbar betroffen. Sie soll künftig dem Wahlkreis Schwandorf/Cham angegliedert werden. Vor Ort sorgt die Berliner Entscheidung vor allem für eines: Ärger und Unverständnis.
Josef Schütz (CSU), 1. Bürgermeister der Stadt Wörth, spricht von einem „entscheidenden Einschnitt“. „Wir befürchten, dass wir abgehängt werden vom Bereich Regensburg. Das ganze wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben in Wörth und Brennberg ist nach Regensburg ausgerichtet“, sagt Schütz.
Keine Verbindungen zum neuen Wahlkreis
Er spricht damit aus, was auch mehrere Wörther Stadträte teilen. In ihrer jüngsten Sitzung am Donnerstagabend drückten sie ihren Unmut darüber aus, künftig Cham/Schwandorf anzugehören. Dies sei auch deshalb ein Problem, weil alle Verwaltungsangelegenheiten über das Regensburger Landratsamt geregelt werden. Dort befänden sich sämtliche Ansprechpartner, während zum neuen Wahlkreis kaum politische Verbindungen bestünden. „Mit Cham und Schwandorf haben wir praktisch gar nichts zu tun“, sagt Bürgermeister Schütz der Mittelbayerischen.
Auch seine Amtskollegin in Brennberg, Irmgard Sauerer (Freie Wähler), sieht den Bundestagsbeschluss sehr kritisch. Sie sei mit der Entscheidung „überhaupt nicht zufrieden“, so gehe es vielen in ihrer Gemeinde. Sauerer gibt den Eindruck eines Kollegen wieder, der die Stimmungslage anschaulich zusammenfasst. „Ein CSU-Gemeinderat hat gestern zu mir gesagt: Jetzt haben wir den Steinbruch in Wiesent, die Flutpolder in den Wörth-Wiesen, die Stromtrasse durch den Osten unseres Landkreises und jetzt werden wir auch noch vom Wahlkreis abgekoppelt“ – so schildert Sauerer die Eindrücke ihres CSU-Kollegen.
Als „Otto-Normal-Verbraucher“ könne man den Eindruck gewinnen, „jetzt völlig abgehängt“ zu sein und „in der Bundes- und Landespolitik gar nichts mehr“ zu zählen. Dieses Gefühl herrsche derzeit vor, sagt die Brennberger Bürgermeisterin. Die Zufriedenheit mit der Bundespolitik ist im östlichen Landkreis Regensburg in den vergangenen Tagen also definitiv nicht gestiegen.
Wahlkreis Regensburg hat Maximalgröße gerissen
Der Neuzuschnitt war notwendig geworden, weil der Wahlkreis Regensburg durch die stetig wachsende Bevölkerung zu groß geworden ist. Im Bundeswahlgesetz ist festgelegt, wie viele Einwohner pro Wahlkreis zulässig sind. Die Maximalgröße beträgt 25 Prozent mehr als die bundesweite Durchschnittsgröße aller Wahlkreise. Diesen Wert hat Regensburg deutlich überschritten. Der Regensburger Bundestagsabgeordnete Peter Aumer (CSU) drückt sein Bedauern darüber aus, dass sein Wahlkreis künftig zwei Gemeinden abtreten muss. „Ich hätte das gerne verhindert und mich schmerzt das auch sehr, aber es war leider nicht abzuwenden“, sagt er. Dabei hatte seine Fraktion gemeinsam mit der SPD den entspr
Die Schwandorfer SPD-Abgeordnete und Landesgruppenchefin Marianne Schieder, die künftig für Wörth und Brennberg zuständig sein wird, ist wenig verwundert über den Ärger vor Ort. „Es wird keine Gemeinde im Wahlkreis Regensburg geben, die sagt, wir gehen freiwillig woanders hin“, sagt sie. „Das ist mir klar, aber es hilft ja nichts.“
Warum hat es ausgerechnet Wörth getroffen?
Dass die Neuordnung unvermeidlich war, erklärt allerdings noch nicht, warum es nun ausgerechnet die Verwaltungsgemeinschaft Wörth getroffen hat. Theoretisch wäre denkbar gewesen, andere Gemeinden aus dem Wahlkreis Regensburg auszugliedern, etwa Regenstauf und Bernhardswald im Norden oder Hemau im Nordwesten. Tatsächlich war in der Wahlkreiskommission, der Marianne Schieder angehört, auch im Gespräch, die Stadt Hemau dem Wahlkreis Amberg zuzuordnen. „Da gibt es meines Erachtens aber noch weniger Berührungspunkte“, sagt Schieder.
Der Grünen-Abgeordneten Stefan Schmidt, zuständig für Regensburg, sieht keine plausiblen Gründe für die nun gefällte Entscheidung. Warum es die Verwaltungsgemeinschaft Wörth getroffen hat, sei ihm „schleierhaft“. „Ich hätte mir gewünscht, dass Union und SPD hier neben mathematischen Planspielen auch auf wirtschaftliche und kulturelle Verflechtungen sowie auf Pendler- und Verkehrsströme achten – also gewissenhaft alle denkbaren Alternativen prüfen“, sagt Schmidt. Schließlich solle ein neu zugeschnittener Wahlkreis auch Akzeptanz bei den betroffenen Menschen finden.
Die Betroffenen versucht Schmidt dennoch zu beschwichtigen. Man falle „nicht ins komplett Bodenlose“. Mit Schwandorf/Cham sei künftig lediglich ein anderer Wahlkreis für die Gemeinden zuständig. „Ich habe auch nicht den Eindruck, dass sich die Bürgerinnen und Bürger fest und starr nur an ihre eigenen Abgeordneten wenden“, sagt Schmidt. „Ich bekomme Anfragen aus der ganzen Oberpfalz.“
Auch Peter Aumer zeigt sich weiterhin offen für die Anliegen der betroffenen Gemeinden. „Ich habe meine Unterstützung und Mitarbeit bei den Themen auch weiterhin zugesagt“, sagt der CSU-Abgeordnete. Er geht davon aus, dass die Zusammenarbeit mit seinem Parteikollegen Karl Holmeier, Abgeordneter für Schwandorf, in den beiden Gemeinden künftig intensiver sein wird. Als größtes Thema mit bundespolitischer Tragweite sieht er die geplante Stromtrasse.
In Wörth und Brennberg überwiegt der Ärger
In den betroffenen Gemeinden Wörth und Brennberg überwiegt noch der Ärger. „Man hätte uns auch früher darüber informieren können, jetzt stehen wir da wie die begossenen Pudel“, sagt der Wörther Bürgermeister Josef Schütz. Seine Stadt müsse die Entscheidung „letztendlich schlucken“. Aber man dürfe sich dann nicht wundern, „wenn die Politikverdrossenheit immer größer wird“, sagt Schütz.
Auch wenn das Gesetz bereits in zweiter und dritter Leser vom Bundestag beschlossen wurde, kündigte er bereits an, ein Veto gegen die Entscheidung einlegen zu wollen. Spätestens am Dienstag nach Pfingsten werde er sich mit der Gemeinde Brennberg zusammensetzen und ein entsprechendes Schreiben an den Vorsitzenden der Bundeswahlkreiskommission verfassen. Auch wenn die Aussichten auf Erfolg nicht groß sind, findet Schütz trotzdem: „Wir müssen auf jeden Fall wehren.“
Die Brennberger Bürgermeisterin Irmgard Sauerer versucht, nun nach vorne zu denken. Ihre Gemeinde müsse sich jetzt bei den für Schwandorf/Cham zuständigen Abgeordneten „bekannt machen“, um eigene bundespolitische Interessen anzumelden. „Was wird uns sonst übrig bleiben? Ich könnte heute noch der Bundeskanzlerin schreiben, dass es mir nicht passt“, sagt sie – mit einer gewissen Portion Ironie.