Kulinarische Inkompetenzen der Parteien

Essen ist zum politischen Reizthema geworden. In Sachen Nudeln mit Ketchup und Schnitzel herrscht Verwirrung in den Parteien.

Essen ist dieser Tage in aller Munde, zum Beispiel Nudeln mit Soße, Schnitzel oder Hähnchenspieße. Nun nehmen Menschen für gewöhnlich jeden Tag Nahrung zu sich. Dass Politiker aber gefühlt täglich über das Speisen sprechen, ist eher ungewöhnlich. Und besonders erstaunt die Inkompetenz, mit der sie das bisweilen tun.

Auslöser für einen dieser kulinarischen Ausrutscher war das kostenlose Mittagessen für Grundschüler in Berlin. Seit dem neuen Schuljahr können Erst- bis Sechstklässler an ihren Schulen in der Hauptstadt kostenlos speisen. Eine tolle Sache. Die in Berlin regierende SPD feiert die Schulverköstigung als ihre Errungenschaft. Allerdings machte ihre Werbung für das neue Angebot nicht gerade Appetit: Auf Twitter verbreitete die SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus ein Foto von einem Teller fettiger Nudeln mit Ketchup. Dazu schrieb sie: „Kein Kind sollte hungrig in den Unterricht gehen müssen.“ – und versah das Ganze mit den Hashtags #bildungfüralle und #zukunftgestalten. Wenn die Zukunft für die Berliner Genossen in Ketchup-Pasta liegt, na dann Prost Mahlzeit.

Das sozialdemokratische Konter-Programm zu Gemüse und Salat bekam in der Netzgemeinde ordentlich Fett weg. „Billig abgespeist“, schimpfte ein User, ein anderer verwies auf die Italiener in Deutschland, die nun vergrault worden seien. Die also auch noch. Mamma mia, SPD.

Kulinarisches Chaos auch bei der Sachen-CDU

Ein Blick zur CDU in Sachsen zeigt: Auch dort herrscht kulinarisches Chaos. Auslöser war diesmal, dass zwei Leipziger Kitas vorübergehend Schweinefleisch von ihren Speiseplänen gestrichen haben. Sie begründeten ihre Entscheidung damit, Rücksicht auf muslimische Kinder nehmen zu wollen, die aus religiösen Gründen kein Schwein essen dürfen. Den sächsischen Christdemokraten gefiel das gar nicht. Sie sprachen von einem Schweinefleisch-Verbot und nannten die Entscheidung „inakzeptabel“. Um die Empörung zu verbreiten, war auch hier war Twitter das Medium der Wahl. Blöd nur: Die CDU Sachsen versandte ein Bild von Hähnchenspießen auf einem Grillrost, dazu der Satz: „Jeder soll nach seiner Façon satt werden können!“ Ein Nutzer dazu: „Bei der CDU Sachsen ist soeben scheinbar das letzte Bisschen politischen Restverstands durchs Grillrost gerutscht.“

Heftige Debatte über Essenstraditionen

So weit, so witzig. Die Leipziger Speiseplanänderung löste bundesweit eine heftige Debatte über Essenstraditionen und kulturelle Toleranz aus, in die sich auch Bundespolitiker einschalteten. Gar nicht witzig ist, dass die Kitas schwere Drohungen erhielten, teils auch Morddrohungen. Einer der Kita-Leiter setzte den Schweinefleisch-Beschluss vorübergehend wieder aus.
„Stell dir vor, du willst das Abendland am Schnitzel verteidigen und nimmst als Foto ein gebratenes Fischfilet.“ Genauso das ist dem Ring Freiheitlicher Jugend Österreich (RFJ) passiert, der Jugendorganisation der FPÖ. Sie setzt sich für den Erhalt des österreichischen Kulturguts eines panierten Stücks Fleisch ein. Ihren Kampf trat sie, tja, eben mit dem Bild eines panierten Fisches auf grünem Blattsalat neben Pommes an. Der zitierte Satz stammt von einem Blogger, der sich Ramba Zamba nennt und die jungen Rechten mit ihrem peinlichen Fauxpas aufzog.

Florian Klenk, Chefredakteur der Wiener Zeitung „Falter“, erteilte dem RFJ prompt eine Lektion in Sachen Schnitzel: Erstens lege man das Schnitzel nie auf den Salat, denn der Essig weiche die Panier auf. Zweitens esse man zum Wiener Schnitzel keine Pommes, schon gar nicht lege man Pommes auf den Salat. Klenk empfiehlt: Kartoffelsalat oder gemischten Salat.

„Zweitens isst man zum Wiener Schnitzel keine Pommes, schon gar nicht legt man Pommes auf einen Salat. Entweder Kartoffelsalat oder meinetwegen gemischten Salat.“ — Florian Klenk (@florianklenk)

 

Der träumende Robert Habeck bringt Christian Linder auf

Das Schnitzel brachte neulich auch FDP-Chef Christian Lindner auf. Im Streit über CO2-Einsparungen frotzelte Linder über den Grünen-Chef Robert Habeck, dieser träume von einer fleischlosen Gesellschaft. „Ich sage: Wer vegan leben will, soll es gern tun. Das Schnitzel sollte den anderen aber nicht verboten werden“, hielt Lindner dagegen.

Um CO2 zu sparen, hat er neuerdings eine andere Idee: Einfach ein bisschen weniger SUV fahren. Das sei umweltfreundlicher als viele Kilometer im Kleinwagen zurückzulegen. Denn nicht Art oder Antrieb eines Autos sei entscheidend, sondern die CO2-Bilanz. Der Kern von Lindners Aussage: Weniger Autofahren stößt weniger Dreck aus. Auch dieser Beitrag zur Debatte strotzt nicht gerade vor Kompetenz.

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