Sommerpause im politischen Berlin: In dieser Zeit kommen ganz neue Seiten der politischen Prominenz ans Licht. Svenja Schulzes Zuneigung zu Schafen und Ziegen oder Anja Karliczeks Vorliebe für Star-Wars-Waffen.
Teil 1 der Polit-Kolumne „Berliner Lüfterl“
In der parlamentarischen Sommerpause ist alles anders als sonst. Von Juli bis August finden keine Sitzungen im Bundestag statt, die Abgeordneten widmen sich ihren Wahlkreisen, die Minister reisen durch die Lande und mischen sich unters Volk. Und so kommen in dieser Zeit plötzlich ganz neue Seiten der politischen Prominenz ans Licht: Svenja Schulzes Zuneigung zu Schafen und Ziegen zum Beispiel.
Die Umweltministerin (SPD) hat auf ihrer Sommerreise durch Brandenburg Halt gemacht im schönen Doberlug-Kirchhain und den ortsansässigen Schäfern einen Besuch abgestattet. Schließlich sei deren Beitrag zum Naturschutz nicht zu unterschätzen, betont Schulze, da gesellt sie sich als Naturschutzministerin gerne dazu. Und weil kein Politiker-Besuch ohne Politiker-Geste vonstattengehen darf, auch in Alles-anders-Sommerpausen nicht, hat Schulze prompt eine Weidetierprämie für Schäfer gefordert. Brisanter Debattenstoff für die nächsten Bundestagssitzungen ist gesichert. Dank sei den Schafen und Ziegen.
Karliczek mit Star-Wars-Waffe
Alles anders als sonst ist auch bei Schulzes Kabinettskollegin Anja Karliczek. Wer sich nun fragt: „Anja Wer?“, der steht wohl nicht alleine da. Die Bildungsministerin (CDU) ist bisher weder durch politische Erfolge noch durch prägnante Auftritte aufgefallen. Manch ein Journalist hat sie schon als „Die Unsichtbare“ betitelt (spiegel.de). Der Hamburger Bildungssenator Ties Rabe (SPD) nannte Karliczeks politisches Vorgehen kürzlich „hochgradig unseriös“. Auf ihrer Sommerreise will Karliczek das Image nun zurechtrücken und besonders schlagkräftig auftreten. Wie gelingt das am besten? Die Ministerin und ihre Entourage haben scharf nachgedacht, dann kam die zündende Idee: mit einem Lichtschwert!
Tatsächlich hat sich Karliczek beim Besuch einer Bildungsgenossenschaft im nordrhein-westfälischen Lippe mit der Star-Wars-Waffe in der Hand ablichten lassen. Das Lichtschwert hatten Schüler in einem MINT-Projekt gebaut. Auf einer Webseite für Star-Wars-Fans (jedipedia.fandom.com) ist nachzulesen, Lichtschwerter sind „nicht so plump und ungenau wie Feuerwaffen. Eine elegante Waffe aus zivilisierteren Tagen“. Ein sympathischer Versuch der Ministerin, sich bürger- und jugendnah zu geben. Was Karliczek leider übersehen hat: Das Lichtschwert ist rot – wie die Waffen der Dunklen Seite der Macht. Der Schuss ging hochgradig nach hinten los. Trotz Sommerpause: Bei Karliczek läuft‘s doch wie immer.
Wie die #Lippe #bildung eG #lemgo #kungfu Jugendliche für die #ausbildung zB als #zerspahnungsmechaniker begeistert: sie können dann ein #lichtschwert bauen. Bildungsministerin @AnjaKarliczek @BMBF_Bund ist auch ganz begeistert #pressereise @ulrichscharlack pic.twitter.com/3RGaG9cECB
— Kilian Pfeffer (@hsbkp) 8. Juli 2019
Süße Tuiskonia-Burschen in rosa
Hoch her ging es dieser Tage auch bei der Werteunion, dem konservativen Flügel von CDU/CSU. Deren Vorsitzender Alexander Mitsch hielt eine Festrede bei der Tuiskonia in München. Dazu twitterte Mitsch Folgendes: In seiner Rede habe er „den gern und oft genutzten links-grünen moralischen Zeigefinger als Mittel zur Diskreditierung Andersdenkender“ entlarvt. Dazu teilte Mitsch ein Bild eines Festsaals voll junger Männer in Schärpen und bunten Uniformen: gelb, blau, rot, pink. Von so viel bunter Männlichkeit fühlte sich dann auch Juso-Chef Kevin Kühnert herausgefordert. Unter das Bild der Tuiskonia-Burschen twitterte er: „Besonders süß sind die Jungs in rosa vorne links.“ 2200 Herzchen-Likes flogen dem schwulen Politiker dafür entgegen.
In meiner Festrede bei der Tuiskonia in M entlarve ich den gern und oft genutzten links-grünen moralischen Zeigefinger als Mittel zur Diskreditierung Andersdenkender, um eine sachliche Diskussion zu unterdrücken. #Meinungsfreiheit #WerteUnion pic.twitter.com/CAa1FMwTp4
— Alexander Mitsch (@MitschAlexander) 10. Juli 2019
Wer nun meint, die Tuiskonia ist eine Faschingsgesellschaft, der irrt. Es handelt sich um eine katholische, farbentragende Studentenverbindung mit Sitz in Schwabing. Es ist also davon auszugehen: Der Werteunion-Chef meinte die Botschaft ernst. Mitsch mischt auf.
Man kann nur hoffen, dass die Sommerpause schnell vorübergeht und die Spitzenpolitiker ins politische Berlin zurückkehren. Wenn alles anders ist als sonst, läuft eben vieles auch schief.
Die gesammelten „Berliner Lüfterl“-Kolumnen gibt’s hier auf mittelbayerische.de!