A3-Ausbau: Die Show der Schwergewichte

Ein 500-Tonnen-Kran hievte in der Nacht 70-Tonnen-Teile über die A3. Seit Sonntag steht die Brücke an der Markomannenstraße.

Schwer und behäbig schiebt sich der erste Brückenträger die A3 entlang. 70 Tonnen ist er schwer. 52 Meter lang. Das Kaliber aus Stahl und Beton nähert sich von Osten. Seit Samstagnachmittag war es bei Burgweinting geparkt und hat gewartet. Jetzt, gegen Mitternacht, setzt sich der Träger in Richtung Regensburg, Markomannenstraße in Bewegung. Ein Schwertransporter schleppt das Bauteil heran, das später eine tragende Rolle an der neuen A3-Brücke spielen wird. Still ist es in dieser Nacht, kein Baugetöse, kein Verkehrslärm, nur leiser Nieselregen. Während des Brückenbaus wurde die Autobahn für den Verkehr komplett gesperrt. Freie Bahn für den 70-Tonner. Ihm stellt sich so leicht keiner in den Weg.

Außer einer: der 500-Tonnen-Kran. Mit seinem mächtigen Arm ragt der gelbe Gigant in den Nachthimmel. Nur er bringt die Kraft auf, den Brückenträger zu heben. Rund zweieinhalb Stunden hat es alleine gedauert, bis der Kran aufgebaut und mit massiven Stahlgewichten beschwert war. Jetzt setzt er an, hebt den Träger vom Transporter, lässt das 52-Meter-Teil in der Luft um etwa 90 Grad kreisen und setzt es quer über der A3 ab. Es überspannt die komplette Fahrbahn.

Vereinte Tragkraft der 70-Tonner

Es ist eine Show der Schwergewichte, die sich an der Autobahn zwischen Regensburg-Universität und Burgweinting abspielt. Weniger laut, krachend und staubig zwar als im April, als vier Brücken abgerissen wurden. Doch diesmal trumpft die Aktion durch das schiere Gewicht und die Größe der Bauelemente auf. Und durch die Präzision, die das Manöver erfordert. „Beim Abbruch kann deutlich weniger kaputtgehen“, sagt Katharina Häusler und schmunzelt. Die 33-Jährige ist als Projektleiterin bei der Autobahndirektion Südbayern für den gesamten sechsspurigen A3-Ausbau verantwortlich. Sie fällt in der Dunkelheit nicht nur durch ihre neonorange Warnjacke auf, sondern vor allem durch ihre Kompetenz, mit der sie die Bauabläufe erklärt.

Für das Einsetzen jedes 70-Tonnen-Trägers sind zwischen 60 und 90 Minuten vorgesehen, sagt Häusler. Der Erste ist komplizierter als die Folgenden, weil sich im nächtlichen Bauverlauf zunehmend eine Routine einstellt. Außerdem sind die äußeren Träger, die die Brücke am Rand säumen, aufwendiger als die Mittelteile. Sie werden am Ende verschalt und daher mit speziellen Vorrichtungen ausgestattet. „Der Zeitplan läuft genau so, wie wir uns das vorstellen“, sagt Häusler gegen 1.30 Uhr. Zwischen 0 und 6 Uhr werden insgesamt fünf Brückenträger in Position gebracht. Das Quintett bildet am Ende das Grundgerüst für die neue Brücke, die Ende November wieder für den Verkehr geöffnet werden soll.

Vollsperrung läuft nach Plan

In dieser Nacht aber ist die A3 für den Verkehr gesperrt. Pünktlich nach Plan wurde die Autobahn am Samstag um 20.30 Uhr zwischen Universität und Rosenhof in beide Richtungen dichtgemacht. Die Autobahndirektion hatte im Vorfeld Umleitungen ausgewiesen: in Richtung Nürnberg ab der Anschlussstelle Rosenhof über die Staatsstraße 2660, den Odessa-Ring und die Bajuwarenstraße bis Regensburg-Universität; in Richtung Passau ab der Anschlussstelle Universität über die Franz-Josef-Strauß-Allee, die Landshuter Straße, den Odessa-Ring und die Staatsstraße 2660 bis Rosenhof. Auf diesen Strecken floss der Verkehr zwar, aber nur zäh. Besonders rund um die Regensburger Innenstadt stockte und stand es nachts immer wieder.

Kein Wunder, schließlich ist an diesem Wochenende Mitte Juli bereits Reisezeit. In 14 Bundesländern haben die Sommerferien schon begonnen – außer in Bayern und Baden-Württemberg. „Es ist von den schlechteren Wochenenden noch das beste“, sagt Projektleiterin Häusler. Und sie liefert eine Erklärung: Deutlich früher wäre die Aktion aus bautechnischen Gründen nicht möglich gewesen. Ab August bis Mitte September sei die Lage durch die bayerischen Ferien noch ungünstiger. Hätte man das Bauvorhaben erst nach den Ferien eingeplant, wäre die Brückenöffnung bis Ende November nicht mehr einzuhalten gewesen. Deswegen mussten Autofahrer an diesem Wochenende in den sauren Apfel beißen. Die Verkehrspolizei Regensburg zeigte sich „sehr zufrieden“, wie Einsatzleiter Christian Rödl am Samstag gegen 23.30 Uhr sagte. Die Sperrung verlief nach Plan, es gab weder Unfälle noch größere Störungen.

Ein Zwischenfall rüttelt auf

An der A3 durchbricht plötzlich ein lauter Schlag die Stille der Nacht. Der Ton überträgt sich über den Stahlträger und hallt metallisch nach. Hinter dem Bauzaun, auf der Aussichtsplattform an der Markomannenstraße, erklingt wie im Echo ein Raunen. Schaulustige, die den Brückenbau von hier aus verfolgen, schrecken auf. „Oh, jetzt ist was kaputt gegangen“, hört man aus den Reihen. Tatsächlich ist an einem Brückenträger eine Trageöse ausgerissen. Mithilfe dieser Halterung sollte der Träger austariert und ins Lot gebracht werden. Jetzt muss schnell ein Provisorium her: Es wird gebohrt, gehämmert, getüftelt. Um etwa 45 Minuten verzögert sich der Bauplan durch den Zwischenfall. In der Nacht ist die Stimmung angespannt, doch am Sonntagvormittag klingt Projektleiterin Häusler wieder entspannt. „Die Baufirma hat in der Nacht eine gute Routine bekommen“, sagt sie. „Sie konnte die Zeit wieder herausholen.“
Gegen 6 Uhr am Sonntag ist dann das fünfte 70-Tonnen-Kaliber in Position gebracht. Die Bauteile werden verfugt, die Autobahn freigeräumt und die nächsten Arbeiten schon vorbereitet. Denn bis die Brücke Ende November öffnen kann, folgen eine Verschalung, Betondecke und schließlich der Asphaltbelag. Die A3 muss dafür nicht mehr gesperrt werden. Und schon ab Sonntag, gegen 12.40 Uhr, können die Autos wieder rollen. Diesmal nicht nach Plan – sondern früher als gedacht.

Den Text zum Brückenbau gibt es inklusive Video, 360-Grad-Aufnahme und Bildergalerien auch hier.

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