Feuer und Flamme für Kastl

Josef Mosner brennt für das Schmiedehandwerk. Mit seinem Eifer haucht er dem Ort im Lauterachtal Leben ein – und das mit 82 Jahren.

In der dunklen Ecke der Schmiedewerkstatt lodert es hell. Kohle und Ruß machen die Luft schwer. Trotz der Hitze steht der Schmied Sepp dicht neben der Esse, der Feuerstelle. Er führt einen dünnen Eisenstab in die Flammen, dorthin, wo es lila-blau züngelt und die Glut tiefrot glimmt. Der 82-Jährige wartet bis das Metall weich genug ist. Dann wendet er sich dem Amboss zu und fängt an zu hämmern. Mit satten Schlägen trifft der Hammer auf das Eisen – so lange, bis aus dem runden Stab kantige, spitz zulaufende Nägel geworden sind. Der Schmied Sepp nimmt sich dafür alle Zeit der Welt. Er macht seine Arbeit nicht mit Eile. Es ist Hingabe.

Vor mehr als 20 Jahren hat der Schmied Sepp die Werkstatt in Kastl in der nördlichen Oberpfalz an seinen Sohn übergeben. Seiner Leidenschaft, dem Schmieden, wird er trotzdem nicht untreu, auch mit 82 Jahren nicht. „Der Beruf ist für mich das halbe Leben“, sagt er, „oder das ganze.“ Jeden Morgen macht er sich an die Arbeit. Die Nägel, die er heute geschmiedet hat, reisen bald aus dem 2400-Einwohner-Ort in die Stadt, erzählt er. Denn in Amberg, auf dem Paulanerplatz, wird der alte Schießlstadel saniert. Die Tore des historischen Braustadels sollen mit Nägeln im Stil des 17. Jahrhunderts beschlagen werden. Der Schmied Sepp beherrscht diese alte Kunst als einer der Letzten in der Region. Seine Nägel sollen die Bauteile am Ende zusammenhalten. Der Schmied passt auch auf, dass das Alte nicht auseinanderfällt.

So geschickt ist kaum einer mehr

Im Wirtshaus „Zum Hiasl“, 150 Meter von der Werkstatt entfernt, kennt man den Schmied Sepp natürlich. „Das ist ein Künstler“, sagt die alte Wirtin mit resoluter Stimme, so als wollte sie jede Widerrede schon vorsorglich verhindern. Sie steht am Tresen in der Gaststube, die Hände an der Spüle aufgestützt. Wie der Schmied ist auch sie in Kastl geboren. Sie lebt dort bis heute und hört das Arbeiten nicht auf. So geschickt wie der Sepp würden nur noch wenige das Handwerk beherrschen, sagt sie. „Wenn wir den nicht mehr haben, dann haben wir gar nichts mehr.“

Das Schmieden gehört zum Sepp

Eigentlich heißt der Schmied Sepp Josef Mosner. Aber in Kastl nennt ihn niemand so. Hier, im schattigen Lauterachtal, lebt noch die alte Tradition: Die Berufsbezeichnung ersetzt den Nachnamen und wird vor dem Vornamen genannt. Der Brauch ist wie gemacht für den Schmied Sepp. Seit seiner Jugend ist er mit seinem Handwerk verwachsen: 1952, mit 17 Jahren, schloss er seine Lehre zum Huf- und Wagenschmied in Rocksdorf im Landkreis Neumarkt ab. Nach einigen Gesellenjahren kam er 1957 nach Kastl zurück. Fünf Jahre später übernahm er den Betrieb der Eltern und führte ihn 31 Jahre. Der Sepp und das Schmieden – das gehört zusammen.

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