Facebook-User zeigen ihr Gesicht

In sozialen Netzwerken geht es oft heiß her. Wie begegnen sich Nutzer im echten Leben? Unser Medienhaus hat sie eingeladen.

Dienstagabend, 17 Uhr. Fünf Menschen sitzen im fünften Stock des MZ-Verlagshauses um einen Tisch. Sie haben einander schon oft die Meinung gesagt. Aber ins Gesicht geblickt haben sie sich zuvor noch nie. Normalerweise ist Facebook ihr Treffpunkt zum Diskutieren. An diesem Abend ist es die MZ-Bibliothek: ein Tisch, fünf Stühle, ein Gespräch mit Blickkontakt. „Ich bin hierher gekommen, um den Standpunkt, den ich im Netz vertrete, auch hier zu vertreten“, sagt Christof Schmeißer, der sich auf Facebook Christof Schme nennt. „Es geht mir darum, dass man nicht einfach etwas von sich gibt, sondern dafür einsteht und seiner Stimme und seiner Überzeugung Gewicht gibt.“

Neben Christof Schmeißer sind auch die Facebook-Nutzer Barbara Daniela Schacherbauer und Konrad Christl der Diskussionseinladung gefolgt. Die MZ-Redakteurinnen Katrin Wolf und Jana Wolf moderierten den Abend. Sie wollten herausfinden, was passiert, wenn man das virtuelle Gespräch ins analoge Leben verlagert.

Digitale Diskussion ins echte Leben verlagern

Unser Medienhaus veröffentlicht auf der eigenen Facebook-Seite jeden Tag Links zu aktuellen Artikeln und gibt einen Vorgeschmack, worum es in den Texten geht. Brisante Themen wie die Flüchtlingskrise oder Kriminalität werden im Netz besonders kontrovers diskutiert. Häufig schaukeln sich Kommentatoren gegenseitig hoch. Wenn es ausfällig, beleidigend oder verletzend wird, schreiten MZ-Redakteure moderierend ein. In Einzelfällen werden Kommentare auch von der Seite entfernt.

Werden Sichtweisen im persönlichen Gespräch genauso vehement vertreten wie auf Facebook? Trauen sich die Diskussionsteilnehmer, ihre Meinung einander direkt ins Gesicht zu sagen? Die erste Erkenntnis aus der Diskussionsrunde: Argumente werden sachlicher ausgetauscht als im Netz, die Teilnehmer sind kompromissbereit und gehen auf ihr Gegenüber ein.

Ein Wortwechsel aus dem Gespräch

Konrad Christl: „Ich habe in den letzten zwei bis drei Jahren in den Medien nichts gelesen, das zu 100 Prozent wahr ist oder zu 100 Prozent gelogen ist. Es ist überall eine Wahrheit und eine Unwahrheit drin. Ich versuche, für mich das Wahre herauszuholen und das auch zu vermitteln.“

Christof Schmeißer: „Lassen Sie sich von Gegenargumenten überzeugen? Wenn jemand so schlüssig und klar argumentiert, dass man denkt: ‚Eigentlich hat er recht’ – können Sie sich das eingestehen?“

Christl: „Ja, ich bin schon lernfähig.“

Schmeißer: „Hält diese Überzeugung auch an oder ist sie beim nächsten Mal wieder verflogen?“

Christl: „Manchmal wird meine Einsicht oder das, was ich meine, gelernt zu haben, beim nächsten Mal komplett über den Haufen geworfen.“

MZ: „Herr Schmeißer, wie ist es bei Ihnen: Lassen Sie sich von Gegenargumenten überzeugen?“

Schmeißer: „Es kommt darauf an, ob das Argument schlüssig ist oder nicht. Wenn ich etwas lese wie: ,Die Medien sind alle staatsgesteuert‘, dann brauche ich nicht diskutieren, weil es meiner Meinung nach ein Schmarrn ist. Dann ist jede Diskussion unnütz.“

Nachhaken, Fragen stellen, gestikulieren

Verallgemeinerungen wie diese bleiben bei dem Gespräch am Dienstagabend aus. Stattdessen wird nachgehakt, Fragen gestellt, mit Händen gestikuliert – und Blicke treffen sich. Auffällig ist, dass die Gesprächspartner sogar Position für den anderen ergreifen, wenn es um den unfairen Umgang in Facebook-Diskussionen geht. Im Netz erlebt man diese Solidarität in Gesprächen selten. Dort zählt dagegen das scharfe Gegenargument, die Provokation und Zuspitzung.

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