Hass macht sprachlos. Und was folgt daraus? Es lohnt sich, Antworten auf Hetze zu suchen und neu zu formulieren, worauf wir Wert legen.
Es hassen so viele. Sie rasen mit einem Lkw in eine friedliche Menschenmenge in Berlin und töten. Sie verbreiten bösartige Parolen wie die des AfDlers Marcus Pretzell: „Es sind Merkels Tote“. Sie hetzen im Netz gegen Ausländer und Andersartige. Sie zünden Flüchtlingsheime an. Schreiben verleumdende E-Mails an Politiker. Zeigen Journalisten den Stinkefinger. Ätzen irgendetwas von „Lügenpresse“ und verbreiten selbst Falschmeldungen. Sie beleidigen, verletzen, keifen und morden. Egal, ob durch Populisten angestachelt oder durch IS-Ideologen radikalisiert: Ihre Ressentiments und Verbrechen richten sich gegen alle, die nicht in ihr Weltbild passen – in Wort, Text und in der Tat. Jeder, der eine andere Herkunft, ein anderes Aussehen, eine andere Meinung hat als sie; jeder, der die Freiheit offen auslebt, ist ihnen als Opfer recht. Von Nizza bis Würzburg. Von Ansbach bis Istanbul. Es hassen zu viele.
Und dann? Dreht sich die Welt einfach so weiter? Ich beobachte mich dabei, dass mich der Hass sprachlos macht. Im wahrsten Sinne des Wortes.
Zuerst sprachlos – und dann kommen die Fragen
Ich weiß nicht mehr, was ich sagen soll und wie ich angemessen darauf reagieren kann. Einfach weitermachen im Text? Dem ganzen feindseligen Irrsinn zuschauen und hoffen, dass er bald zu Ende geht? Es ist klar, dass das nicht geht. Aber was geht dann? Und wie geht es?
Als 1987 Geborene habe ich es noch nicht erlebt, dass Anfeindungen gegen die „Anderen“ und „Fremden“ so direkt nach außen gekehrt werden. Weil mir das noch nie zuvor begegnet ist, habe ich keine probate Antwort darauf. Ich kann nicht auf Argumentations- und Handlungsmuster zurückgreifen, die mir vertraut sind und die ich verinnerlicht habe. Es gibt diese Muster nicht, weil es den Hass so nicht gab. Sicher, Fremdenhass und Diskriminierung sind keine grundsätzlich neuen Erscheinungen in unserer Gesellschaft. Aber die Qualität und Unmittelbarkeit sind neu. Die Dimension des Hasses macht sprachlos. Zuerst. Und dann kommen die Fragen.